Anna und Isidor Fecher

Die beiden im Elternhaus in der Rathausgasse 3 geborenen Geschwister haben einen hohen Bekanntsheitsgrad unter den Namen "Orgel-Anna" (Mundart "Orschel-Anna) und Pater Isidor von Wien erlangt. Sie teilten auch viele Gemeinsamkeiten, waren beide "helle Köpfchen", waren bescheiden und zurückhaltend, hatten aber einen ausgeprägten Sinn für Humor, waren jederzeit für einen Spaß aufgelegt. Sie lebten für ihre Mitmenschen und stellten sich in den Dienst der Gemeinde und der Kirche. Nachdem Anna und Isidor von einander weit getrennte Wohnsitze hatten, besuchten sich die beiden immer wieder gegenseitig und verbrachten ein paar schöne Tage in der Niedernberger Heimat, im oberbayerischen Eichstätt oder in Wien, wo Isidor im November 2009 zu Grabe getragen wurde. Dass Anna's Bruder, den sie sehr verehrte,  jahrelang als Kirchenrektor, Hausoberer und später Beichtvater in der Annakirche von St. Anna diente, scheint Bestimmung gewesen zu sein.



Anna und Isidor im August 2007 beim Verlassen ihres Elternhauses (zwischen den beiden Hoftoren) in der Niedernberger Rathausgasse. Rechts findet eine Weinlieferung für das damals noch existente Restaurant "Die Blecherne Katz" statt.

  

Ca. 1948: Anna als junges Mädchen mit etwa 16 Jahren im Hof vor der Eingangstüre ihres Elternhauses. Im Bild rechts mit ihren Brüdern Isidor und Albert sowie den Eltern Susanna und Georg Fecher. Albert hatte die Landwirtschaft seiner Eltern übernommen. Isidor brach seine Landwirtschaftslehre ab und schlug den Weg als Priester ein, den er bereits als junger Bub verfolgte.  

Gut zu sehen auch die damals in vielen Häusern üblichen Hausbrunnen, eine zentrale Wasserversorgung gab es erst ab 1958 mit Bau des Wasserturmes. Siehe auch die Rubrik Alte Dorfbrunnen

Hinter dem Haus befand sich ein schöner Garten, in welchem Anna, als sie das Anwesen alleine bewohnte, gerne ihre Zeit verbrachte, u.a. auch exotische Pflanzen  und eine zeitlang Geflügel hielt. So konnte es einem passieren, dass man bei Eintritt in den Hof von aufgebrachten Pfauen überrascht wurde. Das alte Haus ist mittlerweile abgerissen, die Gemeindeverwaltung verwendet den Neubau u.a. zur Unterbringung diverser Gegenstände wie z.B. gefundener Fahrräder.

 



Anna war von klein auf musikalisch und religiös, schloss sich verschiedenen Gruppierungen an. Hier im Bild läuft sie Anfang der 50er Jahre mit Gitarre bei einem Festumzug mit der Katholischen Jugend, die Vereinstafel trägt Lothar Rupp.
V.li.n.re.: Ewald Wagner, Maria Hesbacher (geb. Hartlaub), Anna Fecher, Getrud Reinhard (geb. Klement), Engelbert Fecher (1957 im jungen Alter von 22 Jahren verstorben), Hedwig Hein (geb. Klement), Linda Klement, Ludwig Fischer und Helma Fischer (geb. Rohmann).



  

Bilder durch Mausklick vergrößerbar

 

Familientreffen zum 85. Geburtstag des Vaters. Anna und ihr Bruder Isidor, zu dem sie immer aufschaute




Entlassungszeugnis vom 12. Juli 1946 für Anna Franziska Fecher nach acht Schuljahren in der Volksschule Niedernberg. Das Jahr nach Kriegsende, der Beginn des Wiederaifbaus und des folgenden Wirtschaftswunders. Dass die spätere Religionslehrerin bzw. Katechetin (im kirchlichen Auftrag Religionsunterricht erteilen) in Religionslehre eine "Eins" stehen hat, versteht sich von selbst. Aber auch sonst zeugt das vorzeigbare Dokument von einer sehr lobenswerten Schülerin.

Anekdote:
im Religionsunterricht der 5. oder 6. Klasse hatte ein Großwallstädter den Unterricht gestört und laut "Orschel-Oanna"; gebrüllt. Als die Niedernberger dann mit einstimmten, hat sie die frechen Jungs an den Haaren gezogen und sie dabei wissen lassen: "Eier Äldern kenn isch!" ... dumm gelaufen...





Odenwaldtrip 1996: Anna und Isidor bei einem Schnappschuß mit ihrem Neffen Paul auf dem Marktplatz von Michelstadt, als die drei das historische Michelstädter Rathaus bestaunten.



Bei einem der vielen gegenseitigen Besuche stoßen Isodor und seine Schwester Anna mit einem Kollegen aus Wien zur Feier des Tages mit einem Gläschen Sekt-Orange an.


    

Seine Schwester Anna und der Neffe Paul Fecher besuchten Isidor 2004 zu dessen 80. Geburtstag in Wien.  Anlässlässlich des goldenen Priesterjubiläums feierte Isidor im Jahr darauf einen Dankgottesdienst in der Heimatpfarrei Sankt Cyriakus. Im Bild rechts sieht man Anna 1998 im Gespräch mit Isolde Rachor vor dem gemalten Altar im Pfarrsaal, welcher als vorübergehende "Notkirche" während der großen Kirchenrestaurierung diente.



Pater  Isidor erzählt anlässlich seines 85. Geburtstag am 1. März 2009 in der Pfarre Krim, wie er Priester geworden ist. Schon als 8-9 jähriger Bub trat er an den damaligen Niedernberger Pfarrer Seubert heran und offenbarte ihm seinen geheimen Wunsch, Priester zu werden. Dieser legt die Hand auf des Jungen Schulter und meinte: "So, da willst du also kein Bauer (wie damals im Ort üblich) sondern Priester werden".  ... Während der Ansprache witzelt Isidor einmal ("ich würde sonst die eigentliche Festpredigt vom Kollegen Hans in den Schatten stellen"), so dass selbst der Mann hinter der Videokamera lachen musste.  Bei seiner Rede sprach Isidor, "ich darf jetzt sozusagen den Abschluss meines Lebens hier mit euch in der Krim feiern".  Am 3. November 2009, nur wenige Monate nach seiner Rede zum 85. Geburtstag, verstarb Pater Fecher im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder auf der Intensivstation. Um eine beidseitige Lungenentzündung zu heilen, versetzten ihn die Ärzte für Wochen in den Tiefschlaf. Seine Atmung konnte jedoch nicht vollständig wiederhergestellt werden.


   

Pater Isidor Fecher in der Pfarre Krim (Wien - Döbling)  in seinem Element als Witzeerzähler. Eine schöne Erinnerung an einen tollen Menschen und Priester! Er hatte im Witzeerzählen eine unvergleichliche Gabe und demonstrierte dies auch an seinem Ehrentag, der Geburtstagsagape in der Pfarre Krim im März 2009, zur Freude aller Gratulanten. Im Video Teil 1 gibt er eine Retourkutsche, indem Pfarrei-Haushälterinnen nicht in den Himmel kommen. Im 2.Teil witzelt er über einen Verstorbenen, den seine Gattn durch bestellte Messen aus dem Fegefeuer befreien möchte. In Teil 3 geht es an der Himmelstüre darum, wer bei den ankommenden Männern zuhause "die Hosen anhatte".



         

Anekdote:  Eine Niedernberger Delegation besuchte Pater Ididor während seiner Zeit als Beichtvater (2002-2007) anlässlich einer Donau-Radtour in Wien / St. Anna. Aufgrund des ungüstigen, zeitlichen Eintreffens nahm man notgedrungen den ersten Kontakt mit ihm im Beichtstuhl auf. Isidor war jederzeit für alles offen und ansprechbar.



November 2009: In memoriam P. Isidor Fecher (Webseite)


   

Pater Isidor Fecher: Geboren: 1.3.1924 in Niedernberg, Diözese Würzburg; Grundschule: Niedernberg 1930 - 1937; Berufsschule: Landwirtschaftliche Lehre in Niedernberg 1937 - 1939; Gymnasium: Würzburg 1941 / 42, Aschaffenburg 1945 - 1948; Arbeitsdienst und Militär: 1942 - 1945, Gefangenschaft bis Sommer 1945; Noviziat: Eichstätt 1949 / 50; Erste Profess: Eichstätt 9.4.1950; Ewige Profess: Eichstätt 12.4.1953; Philosophie: Eichstätt 1950 - 1952; Theologie: Eichstätt 1952 - 1956; Diakonweihe: Eichstätt 20.6.1954; Priesterweihe: Eichstätt 26.3.1955; Aufgaben: Wien-Krim als Kaplan 1.4.1956 - 1.1.1957; Ried-Konvikt St. Josef als Erzieher 1.1.1957 - 1.9.1958; Wien-Krim als Kaplan 1958 - 1973; Wien/Eichstätt als Provinzial 1973 - 1979; – als Provinzial 1979 - 1985 (2. Amtsperiode); Wien-St. Anna als Kirchenrektor u. Oberer 1.7.1985 - 31.8.1987; Wien-Krim als Pfarrer 1.9.1987 - 31.8.1992; – als Kaplan 1.9.92 - 31. 8. 2002; Wien-St. Anna (Beichtseelsorge) 1.9.2002 - 31.12.2007; Wien-Krim im Ruhestand seit 1.1.2008; Provinzialrat 2.1.1986 - 30.12.1993; Ehrungen: Konsistorialrat der Erzdiözese Wien 24.5.1985; Verstorben am 3.11.2009 in Wien.

 

          





Hintergründe zu "Orgel-Anna":

Orgelspielen, das war für die alleinstehende Frau eine Art Lebensaufgabe, darin ging sie auf. Schon als junges Mädchen wurden ihre Talente von Pfarrer Eckert (1946 bis 1964) entdeckt und Anna durfte oftmals an der Orgel üben, später auch Gottesdienste begleiten. Pfarrer Dietz berief die 32-Jährige dann im Jahre 1965 zur alleinigen Organistin der Pfarrei, siehe nachfolgende, schriftliche Notiz. Dass Anna zu Lebzeiten diesen Brief in Ehren aufbewahrte, zeigt, wie sehr ihr dieses nachfolgende Schreiben etwas bedeutete.  





1964 übernahm Pfarrer Dietz die Pfarrei von Pfarrer Eckert. Ein persönlicher, handschriftlicher Brief 1965 an Anna Fecher.


 

Fotoaufnahmen Mitte bis Ende der 60er jahre im Pfarrgarten mit Anna, Pfarrer Dietz, Küster Dietz, den Schwestern uvm.


    

Über 50 Jahre lang saß Anna hier am Spieltisch der Orgel, mit Blick von der Empore hinunter zum Altarraum.

Dieses schöne Orgelwerk wurde 1897-99 von Balthasar Schlimbach und Sohn (Erbauer u.a. der Orgel im Mainzer Dom) gebaut. 1998/99 wurdedie Orgelanlage im Zuge der großen Kirchenrestaurierung von Orgelbau Meisterbetrieb Werner Mann aufwendig restauriert, da erheblicher Windverlust durch Risse in den spröden Lederdichtungen, im Balgmantel und in den hölzernen Windladen den Orgelbetrieb nur noch bedingt ermöglichte. Hinzu kam der Befall von Holzwürmern uvm.! Alle Orgelteile (mit Ausnahme des Orgelgehäuses) wurden in eine Werkstatt nach Dorfprozelten gebracht. U.a. der Spieltisch wurde komplett zerlegt und die Klavitur nach Andechs gefahren, wo die Tasten mit einem neuen Belag versehen wurden. Viele detaillierte Bilder davon kann man in einem ausführlichen Restaurierungsbericht  hier... anschauen.


Nachdem Anna im Jahre 2002 in ihrem Garten von einer Leiter gefallen war, war sie, auch nach einer vollzogenen Reha, körperlich angeschlagen und erholte sich nur langsam von dem Sturz. Die Treppenstufen hoch zur Orgelempore waren von nun an ein großes Hindernis für Anna. Schwester Damaris, die 2003 die Kindergartenleitung (hatte sie seit 1988 inne) abgab und auch zu dieser Zeit hin und wieder die Orgel spielte, wurde fortan Organistin. Dass Anna nicht mehr ihrer Lebensaufgabe nachgehen konnte, tat ihr im Herzen sehr weh. Dennoch versuchte sie, dies nach außen hin zu verbergen. Das spielen auf ihrer Heimorgel tröstete sie eine zeitlang darüber hinweg. Auch der Tod ihres geliebten Bruders Isidor im November 2009 ging ihr sehr nahe. Am 22. August 2013 verstarb Anna im Alter von 81 Jahren.




Main-Echo 1993:
(im letzten Absatz wird Anna für ihre vielen langjährigen Tätigkeiten vom ausscheidenden Pfarrer Wolfgang Schwartz mit dem Ehrenzeichen der Pfarrei St. Cyriakus geehrt.)



Main-Echo 2003: (per Mausklick vergrößerbar)



Über Anregungen, zusätzliche Infos und Hinweise auf evtl. Fehler sind wir sehr dankbar!


Zum Thema "Cyriakus-Kirche Niedernberg" findet man hier...  viele Bilder und Infos.


In unserem Wochenrätsel gilt es seit Januar 2021  Niedernberger Persönlichkeiten, welche in der Öffentlichkeit standen oder einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten, sowie historische Ladengeschäfte, Firmen, Salons, Praxen, Wirtshäuser, Handwerksbetriebe etc. zu erraten. Nach Auflösung der jeweiligen Rätsel werden diese Personen mit Kurzbeschreibung und Bildmaterial hier in den Rubriken eingepflegt.